Das Kulturweit Tandem Projekt
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Zum Projekt selbst
Kulturweit Tandem ist ein vom Auswärtigen Amt gefördertes Projekt und Teil des Maßnahmenkatalogs der Bundesregierung gegen Rechtsextremismus und Rassismus, in welchem die Zielsetzung unter Punkt 29 als eine “Kolonialismusaufarbeitung im internationalen Kontext” (1) präzisiert wird. Kulturweit Tandem hat daher insgesamt 60 Personen aus Ghana, Togo, Kamerun, Namibia, Kenia und Deutschland eingeladen, sich mit der Geschichte und Gegenwart des (Neo)kolonialismus auseinanderzusetzen – zuerst im Rahmen eines einmonatigen Seminars in Nairobi, Kenia und anschließend in Deutschland. Ziel der Finanzierung ist es, Projekte in den Bereichen Kultur, Bildung und Nachhaltigkeit zu entwickeln. Diese sollen von deutschlandweit verteilten Tandem-teams gemeinsam umgesetzt werden sollen (jeweils eine Person aus Deutschland und Afrika). Dies geschieht durch die Vermittlung besagter Tandem-Teams an eine gesellschaftliche Organisation mit Sitz in Deutschland. Das hier vorgestellte Projekt wird von Cindy Wonder Marfo, Victor Cassagnes und ProBiene durchgeführt.
Die Perspektive dieses Projekts
Als Tandem-Team bemühen wir uns vor dem umweltpolitischen Hintergrund unserer Einsatzstelle um eine systemische Perspektive auf die ökologischen Zusammenhänge unserer Zeit. Dabei geht es um die Betrachtung des Verhältnisses von menschlicher Gemeinschaft und Natur, ausgehend von der Überlegung, dass die Natur sich sozusagen 'durch den Menschen selbst bewusst geworden ist' und dass der Mensch auf die Natur angewiesen ist, insofern er aus ihr hervorgeht - während umgekehrt die Natur wunderbar ohne den Menschen auskommen kann. Mit Blick auf die menschliche Gemeinschaft ist daher zu fragen, inwieweit ihre
Reproduktion - also die Nutzung ökologischer Ressourcen für die alltäglichen Bedürfnisse - durch den gegenwärtig vorherrschenden Imperativ des globalen Wirtschaftens geprägt ist. Denn dieser Imperativ geht von den hochindustrialisierten Gesellschaften in ihrem Streben nach Fortschritt und Wohlstand aus. Dieser Umstand drückt sich u.a. in Folgendem aus: Technologische Entdeckungen ermöglichten es, mehr Räume zu betreten, mehr Ressourcen zu verbrauchen, mehr exotische Güter zu konsumieren. Die expansiven Entdeckungen des westlichen Industriezeitalters ließen die Menschen nach mehr Lebensqualität verlangen, um den Preis einer immer noch ungedeckten Grundnachfrage des globalen Durchschnitts, wie ein Blick auf die Verortung der Kulturgüter, der wirtschaftlichen Vermögenswerte und der Grundgüter der Welt zeigt. Während der rein ökonomische Konsum stetig relevanter und die naturharmonische Reproduktion immer unwichtiger geworden ist, wird der Wohlstand einer Nation zusätzlich durch ihren Fortschritt bestimmt. Ein Fortschritt, der sich heute vor allem durch die ständige Notwendigkeit auszeichnet, den Konsum so effektiv und umfangreich wie möglich anzubieten, um durch rastlose Nachfrage Profit zu machen. Folglich wird der Konsum in modern-westlichen Staaten nicht als Mittel zur Reproduktion oder zum Genuss, sondern selbst als erstrebenswerter Zielwert gesehen. Das natürliche, ökologische Funktionieren der Erde und die auf sie zugreifende menschliche Ökonomie werden in zwei unterschiedliche Narrative gespalten. Dies zeigt sich sehr deutlich an zwei Merkmalen der heutigen Mensch-Natur-Beziehung:
- Zeitlich gesehen arbeitet die Natur in längerfristigen Maßstäben als die aktuelle Wirtschaftsweise. Z.B.: Die ökologisch benötigte Zeit, zur Bildung von Erdöl unter der Erdoberfläche, liegt im Vergleich zu der Zeit, die für die Förderung und Veredelung eben dieses Erdöls seit den Anfängen der Industrialisierung aufgewendet wird, weit zurück - Erdöl bildet sich viel langsamer als es gefördert wird.
Dieses kurz skizzierte, umweltpolitische Verständnis Natur stellt nicht die einzige Problemperspektive dar. Die Ausbeutung der Erde erfolgt durch dieselben globalisierten, systemischen Strukturen der Wirtschaftstätigkeit, die auch die Ausbeutung von Menschen durch Menschen rechtfertigen. Historisch gesehen kennzeichnete der Kolonialismus das weltumspannende Bestreben technologisch fortgeschrittener Gesellschaften, weniger gut ausgerüstete menschliche Gemeinschaften und deren Land auszubeuten. Durch gewaltsame Aneignung erklärten die Kolonialmächte ihren Besitz und ihre Herrschaft über ehemals fremde Räume, Kulturen und Menschen zwecks einer Selbstbereicherung in weltumspannendem Ausmaß. Koloniale Strukturen ermöglichten den Zugriff auf menschliche Arbeitskraft, gesellschaftliche Reichtümer und Ländereien als Ressourcen für den Aufbau von Fortschritt innerhalb eines westlichen Zentrums der Herrschaft.
Während sich das Zentrum heute in weitere Dimensionen (auch innerhalb von Ländern) ausdifferenziert hat, bleiben die formalen Strukturen der Ausbeutung von ähnlicher Dynamik: Die Reproduktion von wirtschaftlichen, politischen Eliten zum Nachteil weiter Erdteile bleibt weiterhin in der globalen Gemeinschaft verankert - z.B. durch ein ständiges, profit-orientiertes Interesse der Wirtschaft an Zugang zu neuen Ressourcen, die zu Waren gemacht werden können, welche in diversen Extraktions-, Produktions- und Lieferketten in die Wohlstandszentren dieser Welt verbracht werden. Zu Marktwaren im Kapital- statt Gemeinschaftsinteresse sind u.A. folgende Bereiche einbegriffen worden: Seltene Metalle und Öl, Grundwasser, Art der Anbaukulturen, kulturelle Identitäten, Biodiversität und Tourismus. Interessen die profit-orientiert sind müssen die Güter und Ressourcen ihres Interesses zwangsläufig monetarisieren, d.h. als eine Angelegenheit des Geldes adressieren, statt sie im Kontext von menschlichen Bedürfnissen zu sehen. Ein großer Teil des Reichtums der Weltgemeinschaft wird auf dem Rücken der Natur und der Unterdrückten produziert, welche vom Profit des Systems nichts sehen. Das ist die Ausgangslage der Probleme die wir aufgreifen möchten.
Arbeitsprämisse des Projekts
Dementsprechend fußt dieses Projekt auf dem Wunsch, die europäische Geschichtsschreibung zu überdenken, westliche Wissensstandards zu hinterfragen und vorkoloniales Wissen aus dem subsaharischen Kontinent zu untersuchen, inwiefern es dazu beitragen kann, die destruktiven Auswirkungen des aktuellen Systems auf Natur und Mensch abzufedern. Wir wollen unsere Ergebnisse für Bildungsräume bzw. -zwecke in Form von Workshops und Blogartikeln zugänglich machen. Die Projektarbeit zielt darauf ab, Fragmente, Bilder und Impulse über das vorkoloniale afrikanische Natur-Mensch-Verhältnis zu vermitteln und aufzuzeigen, wie dieses Wissen die Gemeinschaftsbildung für eine Zukunft ohne Ausbeutung von Natur und Mensch erleichtern könnte. Z.B.:
- Traditionell-Indigene Imkereipraktiken, die eine umweltfreundliche Lebensweise in ländlichen Gebieten unterstützen und die gemeinschaftliche Widerstandsfähigkeit gegenüber der Klimakatastrophe stärken.
- Traditionelle Bauweisen von Steinterrassen in der Landwirtschaft, um Überschwemmungen vorzubeugen und das Ökosystem in trockenen Gebieten zu stärken.
Unsere Arbeitsprämisse wird durch ein Adinkra mit der Bezeichnung Sankofa ausgedrückt. Diese Ideen sind in der Akan-Kultur im heutigen Ghana und der Elfenbeinküste entstanden. Adinkra sind Symbole, die Konzepte oder Aphorismen darstellen. Die Symbole stellen Botschaften dar, die traditionelle Weisheiten und Aspekte des Lebens oder der Umwelt vermitteln. Adinkra werden gewöhnlich von einem Sprichwort oder einer Geschichte begleitet. Es gibt mehrere Adinkras, eines von ihnen ist:
Der Sankofa-Vogel ist eines von vielen verschiedenen Adinkra-Symbolen, die in der Gemeinschaft der Akan, aber auch bei anderen westafrikanischen Gruppen zu finden sind. Es steht für eine kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, um Wissen für eine bessere Zukunft nutzbar zu machen. Das Sankofa symbolisiert die Suche der Akan-Gemeinschaft nach solchem Wissen, das in der Vergangenheit liegt und impliziert eine kritische sowie geduldige Untersuchung. So dient die Weisheit der Vergangenheit als Leitfaden für den Aufbau einer besseren Zukunft.
Das zugehörige Sprichwort lautet:
Se wo were fi na wosankofa a yenkyi
(deutsch="wenn du vergisst und du zurück gehst und nimmst, ist es nicht verwerflich"). Sankofa leitet sich von drei Wörtern in der ghanaischen Sprache Twi ab, die Folgendes bedeuten:
San= Rückkehr, Ko= Gehen, Fa= Suchen und Nehmen
Das frühe Mensch-Biene-Verhältnis der San Gemeinschaften Südafrikas
Einleitung in das Mensch-Biene-Verhältnis
Wenn wir bedenken, dass Ostafrika die Wiege der Menschheit ist, muss es nicht verwunderlich sein, frühe Belege für die Beziehung zwischen Mensch und Biene in den Ländern südlich der Sahara gefunden zu haben - insbesondere in dem heutigen Botswana, Simbabwe, Sambia, Angola und Südafrika.
Die Bienen selbst bevölkern die Welt seit 10-20 Millionen Jahren (Crane 1976: 2) und haben die ersten Schritte der Menscheit sehr lange bereits begleitet. Es wird angenommen, dass die frühesten bekannten Interaktionen zwischen menschlichen Verwandten und Bienen auf frühere Evolutionsstufen und verzweigte Arten, wie bspw. Pavianen, Gorillas und Schimpansen, zurückgehen. Es ist bekannt, dass Primaten lange Zweige als Werkzeuge benutzen, um sie mit Honig beschmiert wieder aus dem Bienennest herauszuziehen (Crane 1976: 2). Als die Menschen begannen sich über den Erdball auszubreiten, hinterließen sie überall auf der Welt Spuren des Wissens über Bienen. In Spanien z.B. lässt sich eine Felsmalerei finden, die eine humanoide Figur zeigt, wie sie auf einen Baum klettert, um Honig aus einem Nest zu sammeln (Crane 1963: 2). Gemälde dieserart informieren uns über Menschen, die seit Jahrtausenden wilde Bienenvölker aller Art um ihren Honig brachten. In Afrika waren das insbesondere die Honigbienen und die stachellosen Bienenarten (Tribe 2015).
In Südafrika haben Menschen die Felsen ihrer Umgebung mit einer Ikonografie von Bienen, ihrem natürlichen Habitat und mit diesen interagierenden, humanoiden Figuren bemalt, die auf mitunter 3000 Jahre zurückdatiert werden (Hollman 2015: 344). Die in diesem Artikel besprochenen Malereien stammen aus der Hand der nomadischen San-Gemeinschaften. Sie sind in den südafrikanischen Gebieten heimisch und haben ihre Malereien nicht allein als spirituell bedeutsam verstanden, sondern ihren Werken auch das eigene kollektive Wissen über Bienen eingeschrieben. Insofern dokumentierten und lehrten die San möglicherweise mehrere Generationen bis ihre Lebensweise von kolonialen und modernen Umständen grundlegend gefährdet wurde. Heutzutage ist ein großer Teil des Wissens an den Stein verloren gegangen oder liegt bei verbliebenen indigenen Gruppen. Durch Interviews mit den Menschen, die Nachfahren der ursprünglichen Wissensträger sind, und durch wissenschaftliche Feldforschung von westlich informierten Fachleuten, ist überliefert worden, dass die
Gemeinschaften zweifellos ein tiefgehendes Wissen über Bienen inne hielten (Pager 1971 & '73, Guy 1970 & '72, Hollman 2015). Dieses teilweise erhaltenes Wissen überlässt Außenstehenden viel der Spekulation, denn das Lesen dieser Gemälde ist kompliziert und I.d.R. den Eingeweihten vorbehalten. Nichtsdestotrotz zeugen die Gemälde von einem ausgeklügelten Wissen über die Natur der Bienen und lassen vermuten, dass der Mensch sich dieses Wissen seit langem zunutze gemacht hat - sei es für Medizin, Ernährung oder Spiritualität. Dieser Blog-Artikel soll ein grundlegendes Verständnis der frühen Mensch-Bienen-Beziehung im südlichen Afrika vermitteln und einen Grundstein für einen zweiten Artikel über zeitgenössische Arbeit mit Bienen auf der Basis von Gemeinschafts- und Resilienzbildung legen.
Bienen-Ikonographie der nomadischen Völker der San
Besonders die Gebiete der nördlichen uKhahlamba-Drakensberge und die Gebiete von KwaZuluNatal in Südafrika (Hollman 2015 & Krugerpark 2020) sind von Interesse und reich an zu besprechendem Erbe. Auch in Namibia und Simbabwe wurden ähnliche Felsmalereien gesichtet (Hollman 2015: 344, 347 & Pager 1973). Abbildung 1 (ebd.) zeigt Formen, die von H. Pager als katernäre (U-förmige) Formen aus abwechselndem Rot und Weiß beschrieben werden ([eigene Übersetzung] Pager 1971: 349). Die geschwungene und sich verändernde Struktur der Reihen ähnelt den Formen natürlich vorkommender Honigwaben. Abbildung 2 von Dr. Goeff Tribe (2015) zeigt ein Wildbienenvolk als Referenz.
Diese Malereien wurden nicht nur an solchen Orten angebracht, dass sie auf natürlichem Lebensraum von Bienen hindeuten - etwa in Steinritzen oder unter Strukturen, die es den Völkern ermöglichen in relativer Sicherheit Waben zu bauen, z. B. Steinsimse, wie in Abb. 3 und 4 (Tribe 2015) gezeigt. Einige von diesen Wabenförmigen Malereien wurden auch von kleinen Ansammlungen markanter Punkt- und Strichzusammensetzungen begleitet - wie in Abb. 2a+b (Tribe 2015) gezeigt. Diese als Bienen identifizierten Zusammensetzungen schienen aus einem Steinspalt in der Felswand zu kommen, neben welchem diese Malereien gefunden wurden – diese unmittelbare Nähe der Bilder wurde als Hinweis darauf gelesen, wo Bienen im ökosystemischen Netz ihre Nischen finden und insofern vom Menschen angetroffen werden können (Guy 1970, 1972; Pager 1971).
Die Waben- und Bienenmalereien lassen in gewisser Weise darauf schließen, dass die San wussten, wo und wie Wildbienenvölker ihre Nester bauen. Ob sie beispielhaften Charakter hatten, um von Generation zu Generation das Auffinden von Bienenvölkern zu vermitteln und so Lehrmaterial über das Auffinden von Bienenstöcken für nachfolgende Generationen dargestellt haben oder sie sogar spezifische Populationen markierten, um als eine Art Landkarte zu dienen, ist noch unbekannt. Die Nomadenvölker der San mögen sich den Standort von Bienenstöcken gemerkt haben, um irgendwann zurückzukehren. Doch bleiben diese Interpretationen offen, da die Spiritualität der San eine Rolle spielt, die hier nicht diskutiert werden kann.
Neben einer solchen kartografischen Herangehensweise an Bienennester, wissen wir außerdem von den San, dass sie Kenntnis von den spezifischen Verwendungsweisen der Waben hatten. Alle vorgenannten Abbildungen zeigen eine Unterscheidung von Wabenreihen. Sie sind durch unterschiedliche Farben gekennzeichnet, so dass verschiedene Wabentypen dargestellt werden können. Die San verwendeten hauptsächlich rote Farbe, die von orange bis braun reichte (Krugerpark 2022). Sie verwendeten auch Weiß, Schwarz und Gelb in ihren Gemälden. Die Farben wurden aus Hämatit (roter Ocker) hergestellt, Gelb aus Limonit (gelber Ocker), Schwarz aus Holzkohle, und Weiß (eine Farbe, die sich nicht gut hält) wurde vermutlich aus Vogelkot oder Kaolin gewonnen (ebd.). Das Blut eines Elands, eines Tieres mit großer religiöser und symbolischer Bedeutung, wurde oft in die Farbpigmente gemischt (ebd.).
Mit dieser Farbpalette waren die San in der Lage, die Honigwaben in verschiedenen Reihen darzustellen. Hollman (2015) argumentiert, dass diese Art der Farbführung bzw. das Farbschema, nicht nur einen Einblick in die Struktur des Nestes vermittelt, sondern auch Wissen über die verschiedenen, bienenstockspezifischen Verwendungsweisen der Waben darstellt, d.h. ein Klassifizierungssystem ermöglicht hat (Hollman 2015: 345ff). Die Unterscheidung zwischen Honigwaben (Zellen, in denen Bienen Honig erzeugen und lagern) und Brutwaben, in denen sich die Larven zu erwachsenen Bienen entwickeln (ebd.: 346), unterscheidet sich in Textur, Form und Farbe. Rote Kurven könnten dunkler gefärbte Waben darstellen (möglicherweise Brutwaben). Weiße dagegen könnten die Zwischenräume zwischen den Waben oder hellere Waben darstellen, die Honig enthalten (ebd.: 349). Hollman vermutet sogar, eine Bienenköniginnenzelle identifiziert zu haben (ebd.: 349).
Die Darstellung verschiedener Arten von Brutwaben in den Bildern von Bienennestern kann mit einer bestimmten Phase im Lebenszyklus der Bienenpopulation in Verbindung gebracht werden, da einige Bilder eine Phase hervorzuheben scheinen, in der Honig und Brutzellen/-waben besonders reich sind, sprich: kurz vor dem Schwärmen stehen (Hollman 2015: 348). Unterstützt wird diese Interpretation durch die Darstellung humanoider Figuren, die wilden Honig rauben und vor Nestern tanzen. Daraus lässt sich ableiten, dass die San diese Entwicklungen zu schätzen wussten und sie zu ihrem Vorteil nutzten (ebd.: 345f, 360). In dieser Hinsicht und mit Blick auf das Wissen um den Standort der Bienenvölker, werden die Wandmalereien zusätzlich als Transkription von Saisonalität zugänglich. Wenn die Darstellungen der Bienenvölker sich nach zeitlichen Kriterien voneinander unterscheiden, sind die San-Bilder von der Natur der Biene nicht allein als Landkarte zu lesen, sondern auch als eine Art Kalender.
Von der nomadischen zur häuslichen Imkerei
Dies sind sehr frühe Belege für die Beziehung zwischen Mensch und Biene, als die Bienen in der freien Natur gefunden und für menschliche Aktivitäten und Vorteile genutzt wurden. Heute wissen wir, wie Menschen Bienen halten können, d. h., wir haben Bienen domestiziert. Eine Deutung, wie der Mensch die Bienen in seine nähere Umgebung und Lebensweise integriert hat, geht von der Gewohnheit der sozialen Bienen aus, in hohlen Behältern zu nisten (FAO 2021: 7, 19). Seit prähistorischen Zeiten haben sich die Menschen verschiedener Instrumente bedient. Eines der wichtigsten davon ist der Behälter (FAO 2021: 19). Einige dieser Behälter hatten die perfekte Form und Größe für Bienen, um darin ihre Nester zu bauen und ein neues Volk zu gründen. Es wird angenommen, dass die Bienen einige dieser Behälter während des Schwärmens freiwillig betreten haben (ebd.: 19). Nachdem die Menschen beobachtet hatten, dass die Bienen diese Behälter als Nester wählten, waren sie in der Lage, diese Behälter absichtlich zu bauen und aufzustellen. Mit der Ausbreitung der Bienenzucht in verschiedene geografische Gebiete änderten sich die Bienenstöcke je nach Standort und Verfügbarkeit der örtlichen Materialien.
Einige der frühen Methoden und Techniken werden aufgrund der geringen Kosten, Inanspruchnahme der unmittelbaren Umgebung und des hohen Nutzens der Bienenzucht für die Familie und die Gemeinschaft auch heute noch angewandt. Am Beispiel des Volkes der Ogiek im heutigen Kenia, Mau Forest, soll in einem zweiten Artikel erörtert werden, welche Auswirkungen die Bienenzucht nach indigenem Wissen für eine Gemeinschaft haben kann.
Figure 1 (Pager 1971: 349 & Hollman: 347) depicts bees’ nest painting with red-and-white catenary curves from uBebe Shelter.
Online: (PDF) Bees, honey and brood: Southern African hunter-gatherer rock paintings of bees and bees nests, uKhahlamba-Drakensberg, KwaZulu-Natal, South Africa (researchgate.net) [last accessed on 23.01.2023]
Figure 2 (Tribe 2015): wild honey combs as reference.
Online: Rock Art Paintings of Honeybee Combs in the Western Cape | Ujubee [last accessed on 23.01.2023]
Figure 3 (Tribe 2015): Painting in a small overhang along the Oorlogskloof Hiking Trail near Nieuwoudtville.
Online: Rock Art Paintings of Honeybee Combs in the Western Cape | Ujubee [last accessed on 23.01.2023]
Figure 4 (Tribe 2015): Swartruggens Mountains in the Ceres Karoo overlooking the Tanqua Karoo depicting hanging combs of a bees’ nest. Photo: Professor A.D. Marais
Online: Rock Art Paintings of Honeybee Combs in the Western Cape | Ujubee [last accessed on 23.01.2023]
Traditionell-indigene Techniken der Bienenzucht im sub-sahararischen Kontinent Teil I
Ergänzungspotential von Mensch und Biene
Wer sich die Natur unseres Planeten anschaut, kommt nicht umher einen Blick auf die Biene zu werfen. Diese kleine, aber fundementale Säule sehr vieler Ökosysteme sorgt durch ihr Dasein und Walten für das Überleben unzähliger Pflanzen. Als prominenteste Bestäuberin der Natur ist die Biene maßgeblich inbegriffen, wenn es um das erfolgreiche Wachsen der Wälder, ihrer Regeneration und dementsprechend die Biodiversität von ganzen Ökosystemen geht. Auf Basis dessen, müssen die Auswikungen der bienlichen Tätigkeit auch auf die Möglichkeiten einer nachhaltigen Strategie für den Kampf um die Klimakrise ausgedehnt werden. Nur die natürlichen Ressourcen der Umwelt sind in der Lage die menschgemachten Schäden am Biosystems der Erde abzufedern und langfristig wieder auszugleichen. Natürliche Ressourcen, die als z.B. Wälder gefasst, von der Biene abhängig sind.
Um einen Schritt daraufhin zu gehen, den Schaden an der Natur wiederaufzuarbeiten, ist ein Blick auf den Schaden am Menschen genauso notwendig. Die menschlichen Gemeinschaften werden für ihr Dasein nicht ohne Zugriff auf die Natur auskommen können. Doch bisher verläuft eben dieser Zugriff auf die Natur in sehr destruktiver Art und Weise, in Form von z.B. Ressourcenraub und Arbeitsausbeutung (woher kommen die seltenen Metalle in unseren Smartphones und wohin kommt der produzierte Müll?). Deswegen soll exemplarisch aufgezeigt werden, wie Menschen in einem harmonischen Verhältnis mit der Natur ihre Güter verwenden können. Ein schlagendes Fragment in dieser Betrachtung ist unbestreitbar die Frage nach der Versorgung mit Lebensmitteln. Hier spielt die Biene eine entscheidene Rolle im Aufbau von präventiven, längerfristigen Maßnahmen gegen z.B. Hunterkatastrophen.
Denn, in einem Umfang von 35% der Anbaukulturen zum menschlichen Verzerr sind wir direkt abhängig von den Bienen, d.h. 35% der verzehrfähigen Kulturen benötigen zwingend einer Bestäubung (Jørgensen 2021: 21), während darüber hinaus Schätzungen von bis zu 75% angesetzt sind, wenn eine indirekte Bezugnahme auf Bestäubung zur Qualitätssicherung in Betracht gezogen wird (Baumung u.A. 2021: 19). Die Anwesenheit von Bestäubern verbessert ungemein die Qualität und Quantität der landwirtschaftlichen Tätigkeit, dank des Einflusses derselben auf ein Ökosystem (Jørgensen 2021: 21ff). Damit sind Bienen und andere Bestäuber Schlüsselelemente in der landwirtschaftlichen Produktion und folglich der weltweiten Bekämpfung von Hungerproblemen (ebd.). Sie können die landwirtschaftliche Lage schwieriger Terrains und Klima abfedern und in nicht alleine dieser Hinsicht eine nachhaltige Ressourcenförderung ergänzen. Denn bereits die Biene alleine kann eine Gemeinschaft sehr weit unterstützen.
Dieser Artikel möchte, ausgehend von dieser kurzen, aber tiefgreifenden Skizze der Bedeutung von Bienen für Gegenwart und Zukunft, beleuchten, welche umwelt- und gemeinschaftsfreundlichen Techniken die Bienenzucht haben kann, um damit anzustoßen, mit einer Ausweitung der weltweiten Beschäftigung mit der Biene anzufangen. In einem nächsten Artikel soll die konkrete Anwendung von Bienenzucht, nach traditionell-indigener Federführung anhand der Ogiek Gemeinschaft in Kenya, betrachtet werden. Aus den gesammelten Ergebnissen soll ein impulsgebenes Potential entwickelt werden, inwiefern Gemeinschaften angesichts des drohenden Klimawandels zu einem gesunden Verhältnis von natürlicher Umgebung, Biene und Mensch gelangen können, welches ohne die destruktiven Lebensweisen einer modern-industriellen Gesellschaft und ihren Ausbeutungen auskommt.
Menschen und ihre bienenfreundlichen Behälter
Ein gesundes Mensch-Biene-Verhältnis ist seit langer Zeit integral für viele Gemeinschaften gewesen. Im sub Saharischen Kontinent haben Menschen bereits sehr früh damit angefangen, sich mit der Biene auseinanderzusetzten. Neben einem tiefgreifendem Verständnis über die Natur wilder Bienenvölker (siehe letzter Artikel) sind auch ausgefeilte Techniken der domestizierten Bienenzucht entstanden. Es wird spekuliert, dass Bienen freiwillig in menschgemachte Behälter geschwärmt sind, woraufhin die Menschen dieses Verhalten nach erstmaligen Beobachtungen antizipieren und beeinflussen konnten, insofern sie Behälter bewusst aufstellten. Die Herstellung solcher Behältnisse hat sich schnell über die verschiedensten Migrationsrouten und Gemeinschaftsgrenzen hinweg ausgebreitet. Die spezifische Art der Herstellung hat sich nach dem natürlichen, unmittelbaren Umfeld sowie den menschliche Bedürfnissen ausdifferenziert und so hohe Anpassungsfähigkeit an die Anforderungen einer Gemeinschaft gezeigt. Urzeitliche Zeugnisse dessen finden sich z.B. in Höhlenmalereien in Zimbabwe: auf der Höhlenmalerei in Figur 1 ist ein Bienenstock abgebildet, wie er nicht natürlicherweise von Bienen gebaut und darüber hinaus von einer humanoiden Figur umsorgt wird (wahrscheinlich mit einem Smoker). Figur 2 zeigt einen äthiopischen Bienenstock, wie er sich aus getrocknetem Gras und Erde herstellen lässt (Crane 1963). Das Wissen indigener Gemeinschaften erweist sich hier als tiefgehende Weisheit in ein harmonisches Mensch-Natur-Verhältnis. Demgegenüber werden heutzutage in weiten Teilen des afrikanischen Kontinents die sogenannten Langstroth Bienenstöcke (mobile Waben) fälschlicherweise als “modern” bezeichnet, insofern demgegenüber die lokal-traditionellen Bauweisen gestellt werden (Baumung u.A. 2021: 8).
Doch sind gerade die geringen Hürden zur Herstellung, sprich: die lokale Verfügbarkeit der benötigten Materialien (Pflanzenteile, Erde, Mineralien, Steine), die vergleichsweise unkomplizierte Bauweise, die daraus resultierenden, geringeren Kosten und die Möglichkeit einer höheren, gleichzeitig betreuten Stückzahl (die die geringere Effizienz wieder wett zu machen) ein sehr willkommender Vorteil im Kampf um genügend Resillienz für die Klimakrise und Hungerkatastrophen (Baumung u.A. 2021: 8, 20). Wenn die Menschen richtig ausgebildet und sich den Gefahren für ein Bienenvolk, wie bspw. Pestiziden und Krankheiten, bewusst sind, dann können Bienenvölker in natürlichen, zylindrischen Gefäßen sehr gesund heranwachsen. Der Zylinder und das lokal gesammelte Material imitieren das seit je her gelebte Habitat der Bienenvölker (Baumung u.A. 2021: 8). Viele der traditionell gehaltenen Bienenvölker Afrikas erreichen ihre Potentiale gerade weil sie in ihrem natürlichen Umfeld gehalten werden – dass trägt zur Gesundheit der Bienen und zur Verträglichkeit mit der Umwelt bei (Baumung u.A. 2021: 19) Mit lokal-traditionellen Bauweisen wird damit die Möglichkeit einer Grundlage gegenüber Notständen geschaffen, die eine deutlich bessere, weniger destruktive Bilanz im Verhältnis zur Natur haben, als die gegenwärtige Lebens- und Produktionsweise.
Aufgrund ihrer lokalen Herstellungsweise unterscheiden sich traditionelle Bauweisen von Bienenstöcken sehr voneinander. Es gibt u.A.: Rundholz-Bienenstöcker (log hives), welche zwischen 50cm und 1,5m lang sein können und einen Durchmesser von 25cm-50cm einnehmen (Chen C. u.A. 2021: 38). Diese sind aus den Baumstämmen lokal wachsener Arten hergestellt worden. Ob Totholz oder absichtlich entfernt, in beiden Fällen wird ein Hohlraum hineingeschnitzt, welcher zu beiden Seiten versiegelt wird und einzig ein kleines Flugloch übrig lässt (Figur 3). Bienenstöcker aus Rinde lassen sich schnell und einfach herstellen, indem die Rinde solcherart geerntet wird, dass ihre ursprüngliche form erhalten bleibt. Die beiden Enden werden mit Holz oder gewobenem Gras versiegelt (Figur 4). Sowhol Rundholz- als auch Rinden-Bienenstöcker werden i.d.R. mehr als 3m weiter oben in den Bäumen platziert (Figur 5). Es gibt außerdem Bienenstöcke aus Schilfgrass und weiteren natürlichen Fasern und/oder Stöckern, welche u.A. mit Dung oder Erde beschichtet werden, um zusätzlichen Schutz zu gewährleisten und dementsprechend wie ein typischer Behälter aussehen können (Figur 6). Sie erhalten eine ein- oder beidseitige Versieglung. Während sich die Erde hier als Festigung des Gerüstes geeignet hat, sind Menschen auch alsbald dahinter gekommen, dass manche Mineralzusammensetzungen in der Erde besonders gut dafür geeignet sind und auch Gestaltung mit Ton möglich ist. Auch Bienenstöcker wurden mit der Zeit aus Ton hergestellt bzw. nicht mehr verwendete Tongefässe umfunktioniert. In vielen kulturellen Verwendungsweisen, z.B. als Rassel für Musik und Tanz, finden sich außerdem Flaschenkürbisse. Sie haben auch diverse praktische Anwendungen gefunden: Wasser tragen, Dinge verstauen und auch gezielt Bienen Unterschlupf gewähren.
Ausblick und Übergang zum nächsten Artikel
Die vorkolonialen, afrikanischen Wissensweisen im Umgang mit Bienen sind dementsprechend sehr weitreichend und mehr denn je gefragt. Doch sind sie nicht gänzlich an den Kolonialismus und seine Nachbeben in afrikanischen Staaten verloren. Manches hat sich erhalten – u.A. im Mau Wald des heutigen Kenias, wo die Ogiek Gemeinschaft seit langer Zeit Kämpfe um ihr Dasein führt. Kämpfe, die nicht explizit auf die Herausforderungen mit der Natur hinweisen – denn mit dieser leben sie sehr harmonisch. Sondern vielmehr kämpferisch in dem Sinne sind, als die Menschen dieser Gemeinschaften erst mit der britischen Besatzung und schließlich mit der kenianischen Regierung im Widerspruch liegen und sich ihrer Existenzgrundlage bedroht sehen, um welche sie bis heute rechtlichen Streit führen. Dieser Artikel wird in Teil II fortgesetzt.
- Figure 1: Crane, Eva (1999): The World History of Beekeeping and Honey Hunting, Routledge.
- Figure 2: Crane, Eva (1963): The world's beekeeping - past and present, In: The hive and the honey bee, ed. R.A. Grout, Hamilton, IL: Dadant & Sons
- Figure 3: Chen C., Fang Y., Fontana P., Lloyd D. J., Martinez L., Mukomana D., Roberts J. M. K., Schouten C.N. (2021): Chapter 6, In: Food and Agriculture Organization United Nations (Hrsg.): Good beekeeping practices for sustainable apiculture, FAO Animal Production and Health Guidelines No. 25., online verfügbar unter Beekeeping contributes to achieve the Sustainable Development Goals - APIMONDIA [zuletzt aufgerufen am 09.02.2023].
- Figure 4: Chen C., Fang Y., Fontana P., Lloyd D. J., Martinez L., Mukomana D., Roberts J. M. K., Schouten C.N. (2021): Chapter 6, In: Food and Agriculture Organization United Nations (Hrsg.): Good beekeeping practices for sustainable apiculture, FAO Animal Production and Health Guidelines No. 25., online verfügbar unter Beekeeping contributes to achieve the Sustainable Development Goals - APIMONDIA [zuletzt aufgerufen am 09.02.2023].
- Figure 5: Abebe, A., Tadesse, Y., Equar Y., Faji, M., Alebachew, H. (2016): Analysis of honey production systems in three agro-ecologies of Benishangul-Gumuz, Western Ethiopia, In: Journal of Agricultural Extension and Rural Development Vol.8(3), online verfügbar unter Analysis_of_honey_production_systems_in_three_agro.pdf [zuletzt aufgerufen am 09.02.2023]
- Figure 6: Chen C., Fang Y., Fontana P., Lloyd D. J., Martinez L., Mukomana D., Roberts J. M. K., Schouten C.N. (2021): Chapter 6, In: Food and Agriculture Organization United Nations (Hrsg.): Good beekeeping practices for sustainable apiculture, FAO Animal Production and Health Guidelines No. 25., online verfügbar unter Beekeeping contributes to achieve the Sustainable Development Goals - APIMONDIA [zuletzt aufgerufen am 09.02.2023].
Traditionell-indigene Techniken der Bienenzucht im sub-sahararischen Kontinent Teil II
Schwierige Umstände und die Hilfe der Biene
Außerhalb weniger Gebiete des Hochlandes in Zentral-Mittel-Kenia sind weite Teile der Landstriche ausgesprochen ungeeignet, um Landwirtschaft bedürfnisorientiert und nachhaltig zu ermöglichen. Insbesondere in Richtung flachländischer Küste und im Norden des Landes sind die Umstände schwierig – obwohl es Dürre, Nahrungsmittelknappheit und ein hoher Anteil landwirtschaftlicher Erwerbstätigkeit es eigentlich erforderlich machen würden, den Boden bestellen zu können. In den trockenen Gebieten Kenias ist das Ausmaß an Armut vergleichsweise gravierend, dort wo die Dürre den Boden karg werden lässt und der geringe Ernteertrag ohnehin unwirtlich wächst.
In diesen harschen Bedingungen kann eine bessere Flächennutzung, die den Gegebenheiten und Bedürfnissen einer Gemeinschaft in solcher Umwelt helfen würde, mit einer intensivierten Bienenzucht anfangen (Wangunyu 2019a). Die Qualität nachhaltiger Flora ist unmittelbar an die Biene gebunden und vermag viel ökologisches Potential aus ihrer Anwesenheit ziehen, z.B. zur Regeneration und zum Wachstum savannischer sowie wäldischer Lebensräume. Letztere federn sowohl Trockenheit als auch Hitze ab (Wasser wird gespeichert und der Sonne wird Schatten entgegengehalten).
Die Bienenzucht würde außerdem wertvolle Produkte zum eigenen, unmittelbaren Gebrauch und weitertragend auch zum Verkauf auf dem Markt erzeugen. Denn die Güter der Biene sind sehr nützlich in volkstümlicher Medezin und sehen sich auch mit hoher internationaler Nachfrage bedacht. Die antibakteriellen Eigenschaften bienlicher Erzeugnisse sind sehr gut geeignet zur Lagerung von Nahrungsmitteln, zur Desinfektion leichter, äußerlicher Wunden und in Wasser gemischt als Linderung von Diarrhoea (Mateescu 2021). Auf dem Haushaltslevel reichen zu diesen Zwecken schon geringe Mengen an Honig (ebd.). Ebenso zur Unterstützung des Einkommens ist die Biene hilfreich. Besonders traditionell-indigene Techniken, die ihr unmittelbares Umfeld zur Bienenzucht verwenden, d.h. bspw. lokale Materialien zur Herstellung der Bienenstöcke verwenden, sind auf dörflich-ländlicher Ebene sehr zuvorkommend darin, die Möglichkeit zum Weiterverkauf zu erwirtschaften (ebd.).
Mit dem richtigen Wissen ausgestattet, vermag auch das heimische Ökosystem der Bienen unter ökologische Beobachtung gestellt werden. Über ihre Bestäubung von ökosystemisch wichtigen und außerdem verzehrbaren Pflanzen, bis hin zu einem daraus folgenden Naturschutz hilft die Biene dabei, Arbeitsplätze zu schaffen und Armut zu bekämpfen. Wenn richtig umgesetzt und die Menschen kritisch geschult werden, können marginalisierte Gruppen, wie z.B. Frauen und Kinder daraus gesellschaftliche Teilhabe schöpfen (Wangunyu 2019a). Es zeigt sich demnach: die Biene kann einer Gemeinschaft um Kampf um die Klimakrise Resillienz bieten, um auf bessere Umstände hinzuarbeiten Zur Bedilderung dessen und zur Ausführung einiger konkreter Handlungsvorschläge soll nun ein Blick auf die Ogiek Gemeinschaft im Mau Wald, Kenia geworfen werden.
Die Ogiek Gemeinschaften im heutigen Kenia
Der sub Saharische Kontinent war seit je her für die Produktion von Honig ohne synthetische Spuren von Metalen und Antibiotika bekannt – so wird der Honig bis zu 80% auf kommunaler Ebene hergestellt, wo die Landwirtschaft auf Agrochemikalia und dergleichen verzichtet (Chen 2021: 37). Diese Handhabung wurde von den Ogiek Gemeinschaften in den Mau Wäldern Kenias auf ihre eigene Weise bis heute weitergetragen. Sie stellen eine der ältesten Stammesgemeinschaften des heutigen Kenias und der zuvor bestehenden Länder dar und haben ihre Nahrungsmittel schon lange in Honig eingelegt, um sie für schwere Zeiten haltbar zu machen (Ogiek Honey Slow Food Presidium 2019). Sie siedeln bis heute im Mau Wald um den Berg Elgon herum nahe der Grenze zum heutigen Uganda, wo sie ca. 20.000-35.000 Menschen bemessen.
Die Gemeinschaft liegt immer wieder in Rechtsstreitigkeiten (zur Verteidigung ihres Rechts, im Wald zu leben), die wiederum Fortsetzungen anderer Rechtsstreitigkeiten sind, welche ihrerseits bis in die Kolonialzeit in den 1930er Jahren zurückreichen, als das Volk der Ogiek ausgerottet und vertrieben wurde, um Platz für koloniale Siedler zu schaffen. In der Folge dessen unterließen die britischen Kolonialherren es, die Ogiek als Stamm anzuerkennen, was ihnen das Recht auf Land gegeben hätte, während der Mau-Wald für das Holz zum Antrieb von Dampfmaschinen ausgebeutet wurde (ebd.). Auch die Errichtung von Waldreservaten hat die Ogiek daran gehindert ihr Land zu betreten. Nach dem Zweiten Weltkrieg starteten die Engländer Aufforstungsprogramme, pflanzten jedoch ausschließlich exotische Arten, die für die lokale Bienenzucht ungeeignet waren. Seit den 1980er Jahren hat die Zerstörung des Mau-Waldes zwecks Tee- und Blumenplantagen, Kohleabbau oder Forstwirtschaft stetig zugenommen. In den letzten 20 Jahren wurden 60 % des Baumbestands des Waldes abgeholzt (ebd.). Die Ogiek Gemeinschaften wurden erst von den Kolonialmächten ihrer Zeit verstoßen, gejagt und dezimiert, um schließlich von kenianischen Regierungen unterdrückt und marginalisiert zu bleiben, weil seit 1993 an einer Untersuchung britischer Federführung festgehalten wurde, die das Land und dessen Menschen nicht anerkannte, sondern als nomadische Bevölkerung deklassierte (ebd.). Erst im März 2014 wurden die Ogiek in einem Urteil des kenianischen Gerichts als indigene Gruppe und Minderheit anerkannt (Violence against indeginous Africa). Am 26. Mai 2017 stellte das Gericht nach einem achtjährigen Rechtsstreit außerdem fest, dass die kenianische Regierung gegen sieben Artikel der Afrikanischen Charta verstoßen hat (ebd.).
Damals haben die Ogiek Gemeischaft von den natürlichen Ressourcen des Mau Waldes gelebt, welcher als gemeinschaftliche Ressource geteilt wurde und in Gebieten auf die Clans/Famillien aufgeteilt wurde (Ogiek Honey Slow Food Presidium 2019). In ihrer Lebensweise haben sie sich Bienenstöcken bedient, die aus Zedern Holz (resistent gegenüber Parasiten) gefertigt wurden und in zylindrischen Rundhözern (log Hives) hoch in die Bäume gehangen wurden, um sie vor Fressfeinden und Parasiten des Bodens zu schützen (ebd.). Nur besonders geschulte und ausgewählte Individuen, meist Älteste, sind die Bäume hochgeklettert und haben den Honig in akrobatischer Leistung geerntet. Mittlerweile sind die Bienenstöcke auch auf dem Boden aufzufinden, um weniger sportlichen Menschen zugänglich zu sein. Heute besteht das Slow-Food-Präsidium der Ogiek, um das Ökosystem des Mau-Waldes zu schützen und die Kultur des Ogiek-Volkes durch den Honig, ihr wichtigstes Produkt, zu fördern. Die Menschen in der Honigproduktion haben sich außerdem an der Aufforstung einheimischer Bäume beteiligt, um der Einführung exotischer Bäume in den Wald entgegenzuwirken. Darüber hinaus beteiligt sich die Ogiek-Gemeinschaft seit 2015 an Initiativen für verantwortungsvollen Tourismus in Zusammenarbeit mit der Slow Food Stiftung für biologische Vielfalt und NECOFA (dem Netzwerk für Ökolandbau in Afrika) (ebd.).
Das unbenutzte Potential von Bienenzucht
Der Aufbau einer Bienenzucht in Kenia, die sich auf die Armutsbekämpfung, die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Bienenforschung konzentriert, erfordert verstärkt gemeinschaftsorientierte Ansätze. Kenias großes, natürliches Potential zur nachhaltigen Bienenzucht wird davon überschattet, dass riesige Landstriche, auf denen die Bienenflora gedeihen konnte, für die pestizid-reiche Nahrungsmittelproduktion und andere schädliche Praktiken wie die Holzkohleverbrennung gerodet werden (Wangunyu 2019b).
Die Einrichtung von sogenanten Bienenzonen, Bereiche die zwecks Bienenzucht industriell unbebaut bleiben und ggf. auch als Naturreservat eingerichtet sind, sind eine gute Idee die Wiederaufforstung nicht nur in Kenia zu unterstützen, während die beteiligten Gemeinschaften unmittelbar davon profitieren können - insbesondere indigene Bevölkerungsgruppen können sich durch solche Zonen auf ihr Gebiet berufen und gleichzeitig einen nachhaltigen Nutzen daraus ziehen. Die Erzeugnisse der Biene können dem Verkauf oder individuellem Haushalt dienen. Di Imkerei kann als kostengünstige Tätigkeit (da Bienenstöcke und andere Ausrüstungen vor Ort hergestellt werden können) zur Beseitigung der Armut beitragen und diverse landwirtschaftliche Tatigkeit ergänzen, weil sie das Ökosystem ungemein stärken. Das impliziert eine Abkehr von profit-orienterten Monokulturen und ihnen vorrausgehenden Massenrodungen. Lokal nachhaltige Landwirtschaft wird durch die Biene gestärkt und kann gemeinschaftsorientiert die Produktion anstrengen. In der politischen Umsetzung und Errichtung von Zonen/Plänen nachhaltiger Landwirtschaft oder Reservaten in Ergänzung mit Bienen müssen die Gemeinschaften einbezogen werden. Die Biene nimmt in vielerlei Hinsicht von Entwicklungs- und Umweltpolitik eine zentrale Rolle ein. Es wird Zeit, dass politische Entscheidungsträger mehr gemeinschaftsorientierte Projekte der Bienenzucht anstrengen. Diese würden kurz- und langfristig Mensch und Natur zugute kommen.
Quellenverzeichnis
- Baumung R., Formato G., Pettis J. (2021): Chapter 1, In: Food and Agriculture Organization United Nations (Hrsg.): Good beekeeping practices for sustainable apiculture, FAO Animal Production and Health Guidelines No. 25., online verfügbar unter Good beekeeping practices for sustainable apiculture (fao.org) [zuletzt aufgerufen am 09.02.2023]
- Chen C., Fang Y., Fontana P., Lloyd D. J., Martinez L., Mukomana D., Roberts J. M. K., Schouten C.N. (2021): Chapter 6, In: Food and Agriculture Organization United Nations (Hrsg.): Good beekeeping practices for sustainable apiculture, FAO Animal Production and Health Guidelines No. 25., online verfügbar unter Beekeeping contributes to achieve the Sustainable Development Goals - APIMONDIA [zuletzt aufgerufen am 09.02.2023].
- Jørgensen, Asger Søgaard (2021): Key Messages, In: Apimondia International Federation of Beekeepers’ Associations (Hrsg.): Beekeeping contributes to achieve the Sustainable Development Goals, online verfügbar unter Beekeeping contributes to achieve the Sustainable Development Goals - APIMONDIA [zuletzt aufgerufen am 09.02.2023].
- Mateescu, Cristina (2021): The products of beekeeping, In: Apimondia International Federation of Beekeepers’ Associations (Hrsg.): Beekeeping contributes to achieve the Sustainable Development Goals.beekeeping_contributes_sdg_web.pdf (apimondia.org)
- Ogiek Honey Slow Food Presidium (2019): Ogiek honey: The precious nectar linking tradition with the future, In: APIMONIA, online verfügbar unter: Ogiek honey: The precious nectar linking tradition with the future - APIMONDIA
- Ogiek Honey Slow Food Presidium (2019): Ogiek honey: The precious nectar linking tradition with the future, In: APIMONIA, online verfügbar unter: Ogiek honey: The precious nectar linking tradition with the future - APIMONDIA
- Violence against indeginous Africa (2020): The Ogiek, University of Michigan, online verfügbar unter The Ogiek - Indigenous Africa
- Wangunyu, James Njuguna (2019a): Beekeeping in Kenia, online verfügbar unter Beekeeping in Kenya - APIMONDIA
- Wangunyu, James Njuguna (2019b): Lack of policy on bee-keeping in Kenya: A bottleneck to economic and biodiversity revival, online verfügbar unter Lack of policy on bee-keeping in Kenya: A bottleneck to economic and biodiversity revival - APIMONDIA