Der Bildband „Die Wege des Honigs“, erschienen 2017 im Ulmer Verlag, erzählt die Geschichten des Fotojounalists Éric Tourneret, der Bienen und Imker auf der Welt begegnet ist. Ergänzt werden die Bilder durch Texte seiner Ehefrau Sylla de Saint Pierre und Beiträgen von renommierten Wissenschaftlern in der Bienenkunde.
Das Buch ist nicht als Nachschlagewerk zu verstehen, sondern als eine Hommage an die Bedeutung der Honigbiene in der Weltgeschichte der Evolution und ihres bedeutenden Beitrages zur Biodiversität auf diesem Planeten. Schon im klugen Vorwort des Forschers Jean Claude Ameisen wird darauf hingewiesen, dass der Superorganismus Bienenvolk nur dazu in der Lage ist, da er selbst eine hohe genetische Vielfalt, selbst innerhalb eines Bienenvolkes, in sich trägt und so auf äußerliche Umwelteinflüsse optimal durch eine ständige Erneuerung aus sich selbst heraus reagieren kann. Der Autor schafft diese riesige Biodiversität in Beziehungen zwischen Mensch und Biene auf eindrucksvolle Weise bildhaft darzustellen. Dabei kann Éric Tourneret leider auf Grund der aktuellen Herausforderungen, vor der wir die Honigbienenrassen der Erde stellen, leider nicht nur von schönen Geschichten rund um die Biene erzählen, sondern muss auch auf die Bedrohungen im Zeitalter des Anthropozän eingehen.
Um dies zu veranschaulich, möchte ich hier zwei Geschichten aus dem Buch herausgreifen:
Die erste Geschichte erzählt von einem Bund, von befreundeter Familien der Ureinwohner der Bantus im Kongobecken, die zur Regenzeit den Überfluss an Blüten in den Wäldern nutzen, um wertvollen Honig zu erbeuten. Dazu beklettern die Männer des Stammes über 50 Meter hohe Mahagonibäume, um nur mit Hilfe einer Machete und geschützt durch ein Räucherwerk aus Reisigbündeln, Bienenwaben aus Baumhöhlen zu ernten. Der Honig stellt für die Ureinwohner selber im Überfluss der Regenzeit nicht nur das einzige süße Nahrungsmittel des Waldes dar, sondern spielt auch in der Beziehung zwischen Mann und Frau eine wichtige Rolle. So wird Honig während eines Hochzeitsantrages der Frau als Geschenk überreicht. Auch in der Überlieferung der Entstehungsgeschichte des Volkes, haben sich beide Geschlechter nur wegen des Honigs getroffen und ihre Liebe entdeckt. Wie in vielen Naturvölkern und Religionen steht der Honig auch hier für die Liebe und Fruchtbarkeit.
Die zweite Geschichte erzählt von dem Wanderimker Dinu, der in Rumänien durch die Bienen den Lebensunterhalt für sich und seine Familie sichert. Dafür fährt er seine 260 Völker mit Hilfe eines Sattelschleppers fünf Monate im Jahr quer durch Rumänien. Beginnend mit der Akazienblüte Mitte Mai, fährt er seine Bienen durch blühende Landschaften mit Wildkirschen, Wiesenblumen und Süßgräser zu den Trachtgebieten der Lindenarten, um gegen Ende zu den Sonnenblumenfeldern am Schwarzen Meer zu gelangen. Dabei begleitet er seine Bienen im Wohnwagen Tag und Nacht, wodurch sie für ihn zu einem festen Bestandteil seiner Familie geworden sind. Angefangen mit einem kleinen Lastwagen mit Schlafkabine konnte er sich über Jahre und einer wachsenden Anzahl an Völker einen Sattelschlepper und den Wohnwagen anschaffen. Doch anstatt an weiterem Wachstum festzuhalten, sieht er die Bedrohung seiner Existenz durch immer größer werdenden Maisfeldern, die die Namen großer Saatguthersteller tragen. So überlegt er zurzeit wieder in seine Herkunftsregion Maramuresch ganzjährig zurückzukehren, um dort, wo noch traditionelle kleinbäuerliche Strukturen herrschen, auf kleinen Lastwagen seine Bienen an mehreren ausgesuchten Orten zu verteilen.
Gestochen scharfe Nahaufnahmen lassen dabei selbst das feine Haarkleid auf den Facettenaugen der Biene sichtbar werden und geben Einblicke in den Hochzeitsflug der Königin und ihrer unterschiedlichen Brutnester. Dieses Buch benötigt kein Fachwissen über Bienen um verstanden zu werden und lässt alle Betrachter in die Faszination Honig eintauchen.
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