Buchrezension: Die Triple-Krise 

Vom Artensterben ist schon seit langem die Rede. Der Klimawandel ist in den letzten Jahrzehnten auch immer stärker in den Fokus der Menschen gerückt. Und seit Covid-19 kommt auch niemand mehr um das Thema „Pandemien“ herum. Dieses Trio (Artensterben, Klimawandel, Pandemien) wird vom Umweltforscher Prof. Dr. Josef Settele als die „Triple-Krise“ bezeichnet. In seinem gleichnamigen Sachbuch, welches 2020 im Edel Books Verlag erschien, beschreibt er die Zusammenhänge der drei Phänomene und ruft zum Gegensteuern auf.

Inhalt

„Wir müssen entscheiden, in welcher Welt wir leben wollen: in einer verödeten oder einer bunten, lebendigen Landschaft.“

(J. Settele, Die Triple-Krise (2021), S. 299)

Inhaltlich ist das Buch in 7 Kapitel gegliedert, wobei jedes Kapitel einen anderen Aspekt der Triple-Krise aufzeigt.
Anfangs wird zunächst ein düsteres Zukunftsszenario beschrieben. Hier ist die Welt ein artenarmer, trister Ort, der immer wieder von gefährlichen Krankheiten heimgesucht wird. Ein Leben, wie wir es heutzutage kennen (oder kannten), wäre hier unmöglich. Dieses „Worstcase“-Szenario wird anschließend mit der aktuellen Situation unseres Planeten begründet.
Anschließend übt Settele Kritik am Konsumverhalten der Menschen und erklärt, wo dieses hinführen kann. Dabei stellt er besonders die Rolle des Menschen als Verursacher der Triple-Krise heraus und macht deutlich, dass nur durch Aktivismus eine Kehrtwende stattfinden kann. Auch wird erklärt, wie Artensterben und Klimawandel die Entstehung von Pandemien begünstigen, was natürlich ein sehr aktuelles Thema ist.
Danach widmet sich der Autor allein den Insekten. Er erzählt, wie er persönlich zu den Insekten kam, beschreibt, warum Insekten so faszinierend sind, und unterstreicht die Wichtigkeit der Insekten für das Überleben der Menschen.
Diese Aspekte werden im Folgenden untermauert. Dabei geht es vor allem um den Insektenschwund und seine Folgen. Settele berichtet unter anderem von seiner Forschung und zeigt die hauptverursachenden Aspekte des Insektensterbens auf.
Weiterführend befasst sich der Wissenschaftler mit dem Klimawandel. Es wird beschrieben, inwiefern dieser die Triple-Krise vorantreibt und welche weiteren Folgen er haben kann. Hier wird zudem der Zusammenhang sowie die gegenseitige Verstärkung von Klimawandel und Artensterben deutlich gemacht.
Abschließend widmet sich Settele nun den Hauptverursachern der Triple-Krise. Dabei legt er den Schwerpunkt auf die Agrarindustrie und übt Kritik an der aktuellen Politik in diesem Gebiet. Allerdings kritisiert er auch Aspekte wie die Lichtverschmutzung oder den Einfluss von invasiven Arten.
Das Buch schließt mit einem Appell an Leser*innen und Politik zum Aktivismus. Hier plädiert er für die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie und nennt Handlungsmöglichkeiten von Seiten der Politik und jedem Einzelnen.

Gefahr für 500 in Deutschland lebende Tierarten, im Zuge des Klimawandels ausgerottet zu werden
Quelle: J. Settele, Die Triple-Krise (2021), S. 61

Bewertung

„Insektenschutz ist Selbstschutz. Und Umweltschutz ist Gesundheitsschutz.“

(J. Settele, Die Triple-Krise (2021), S.22)

Das klingt jetzt alles sehr trocken und theoretisch. Beginnt man aber mit dem Lesen, wird man schnell von Gegenteil überzeugt. Um dieses Buch zu verstehen, muss man nicht vom Fach sein. Settele erklärt Zusammenhänge leicht verständlich und in lockerer Sprache, was das Lesen des Buches sehr kurzweilig und unterhaltsam macht.

Durch das „Worstcase“-Szenario am Anfang werden Leser*innen zwar zunächst in eine niedergeschlagene Stimmung versetzt, diese negativen Gefühle lässt Settele aber direkt anschließend verschwinden. Hier relativiert er sein Gedankenexperiment und macht klar, dass es eben noch nicht zu spät ist, um eine Kehrtwende zu schaffen. So ermutigt wird einem anschließend sehr sachlich und auf der Begründung von vielen Studien die aktuelle Situation unseres Planeten dargelegt. Dabei ist er sehr ehrlich und ernst, verzichtet aber auf düstere Prognosen und Weltuntergangsszenarien. Dadurch können Leser*innen die durchaus erschreckenden Fakten mit etwas emotionalem Abstand aufnehmen. Anders als man es erwarte würde hat man nicht ständig das Gefühl, für seine Fehler getadelt zu werden. Der Autor ruft vielmehr zu einem bewussten Umgang mit Ressourcen und einem Hinterfragen der eigenen Gewohnheiten auf, als mit stumpfen Regeln und Handlungsanweisungen um sich zu schmeißen.

Auch der Bezug Corona-Pandemie hat mir gut gefallen. Hier macht Settele nämlich sehr deutlich, dass wir gerade zu „Glück“ mit dem Virus haben und uns auf weitaus Schlimmeres einstellen müssen, wenn sich nichts ändert. Das mag auf den ersten Blick nicht sonderlich positiv klingen, jedoch kommt mir diese Buchpassage nun bei jeder Corona-Hiobsbotschaft in den Sinn und lässt mich denken: „Es könnte so viel schlimmer sein.“ Somit kann ich sagen, dass das Buch meine Sicht auf die Pandemie zu Positiven verändert hat.

Positiv aufgefallen sind mir auch die Appelle am Ende jedes Kapitels. Hier fasst der Wissenschaftler die Kernaussagen aus ebendiesen prägnant zusammen und weist auf mögliche Lösungsansätze hin. Dieses tut er aber auf eine sehr diskrete Art und Weise, so dass man sich als Leser*in nicht zu irgendwas gedrängt oder gar angegriffen fühlt.

Sehr angenehm fand ich außerdem den persönlichen Touch, den Settele stets in die Kapitel einbaut. Entweder berichtet er von seinen Erlebnissen im Weltbiodiversitätsrat, von Anekdoten aus seiner Forschungstätigkeit oder von seiner Kindheit im Allgäuer Dorf Kohlhunden. Solche Zwischensequenzen lockern die doch ernste Thematik auf und machen den Wissenschaftler nahbar. Er schafft es außerdem, seine Begeisterung für Insekten auf den Leser zu übertragen, sodass man Lust bekommt, selbst in der Natur auf eine Insekten-Expedition zu gehen.

Kritisieren könnte man jedoch, dass der Autor viele Aspekte der „Ist-Situation“ mit Zahlen aus Studien verdeutlicht. Das ist zwar im Einzelnen sicher eindrucksvoll, ab einer gewissen Menge verliert man aber leicht den Überblick. Ich könnte mir allerdings aber auch vorstellen, dass einigen Leute diese klaren Fakten anhand von Zahlen gerade ansprechen. Außerdem verwendet Settele bei der Bezeichnung von Personengruppen ausschließlich die maskuline Form, was aber natürlich Geschmackssache ist.

Anzahl der auf der roten Liste aufgeführten Tierarten nach Jahr
Quelle: J. Settele: Die Triple-Krise (2021), S.54

Fazit

„Wenn das letzte Insekt stirbt, werden wir Menschen selbst längst nicht mehr existieren.“

(J. Settele, Die Triple-Krise (2021), S. 16)

Abschließend würde ich sagen, dass das Buch, das auf den ersten Eindruck eher deprimierend schien, sich als wahrer Mutmacher entpuppt hat. Josef Settele verschönt die aktuelle Situation unseres Planeten nicht, malt aber auch keine Horrorszenarien an die Wand. Es handelt sich nicht um eine Panikmache, sondern vielmehr um eine sachliche Aufbereitung von Erkenntnissen, wobei dem Lesenden selbst überlassen bleibt, was er mit den Informationen macht.
Hat man die letzte Seite des Buchs durchgelesen und klappt es zu fühlt man sich ruhig und kann mit einem gesunden Abstand über mögliche Konsequenzen im persönlichen Verhalten nachdenken. Somit kann ich das Buch an jeden weiterempfehlen, dem der Zustand unseres Planeten am Herzen liegt und der Lust hat, sich über ebendiesen zu Informieren.

Weitere Informationen zum Buch findest du hier.

Auch zum Buch „Das Wunder von Mals – Wie ein Dorf der Agrarindustrie die Stirn bietet” haben wir bereits eine Rezension veröffentlicht. Diese findest du hier.

Hallo,

ich bin Hannah Kullmann.

Hannah absolviert 2021/2022 bei proBiene ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ). Sie hat im Jahr 2021 ihr Abitur gemacht, ist naturwissenschaftlich sehr interessiert und sammelt leidenschaftlich gerne tote Insekten für Ihre Sammlung.

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