Wie der CO2-Anstieg den Bienen schadet 

Stellen Sie sich Folgendes vor: Sie leben in einem schönen Haus, sind finanziell gut aufgestellt und Eltern eines süßen Kleinkindes. Alles scheint perfekt. Doch egal wie gut Sie Ihr Kind füttern – es magert ab. Und das, obwohl Sie doch prinzipiell das ganze Haus voll Brei haben, von dem Sie denken, dass er Ihr Kind ernähren sollte.
Dasselbe passiert den Bienen ganz real. Wie es dazu kommt, wird in diesem Artikel erläutert.

Was für Menschen der Brei ist, ist für Bienen der Pollen

Wie Sie sicher wissen, beginnt das Leben einer gewöhnlichen Arbeiterin im Ei. Nach drei Tagen schlüpft daraus eine kleine Larve. Diese wird zunächst von den Ammenbienen mit Futtersaft versorgt. Sind die Larven etwas gewachsen, ändert sich – wie bei den Menschen – die Nahrung. Nun bekommen sie einen Futterbrei aus Honig und Pollen. Besonders letzteres ist für die Larven ein wichtiger Proteinlieferant – und ohne Proteine kein Wachstum.
Und das ist der Haken: Hierzulande ist der Pollen proteinärmer denn je. Folglich haben die Bienen trotz reichem Pollenangebot keine ausreichenden Möglichkeiten, ihre Brut zu ernähren und großzuziehen. Doch auch für adulte Bienen ist nährstoffreicher Pollen notwendig: So versorgen sich die Tiere mit Spurenelementen wie Eisen, Calcium, Magnesium und Zink.  Die Folge sind schwache Völker und verhungernde Larven.

Was die Goldrute mit dem Proteingehalt im Pollen zu tun hat

Doch woran liegt das? Schließlich war der Pollen einst die perfekte Nahrung für Bienen und Brut.
Der erste Schritt zur Erklärung war die Erkenntnis, dass der Proteingehalt im Pollen direkt mit der CO2-Konzentration in der Luft zusammenhängt.
Botaniker der Purdue University in West Lafayette, Indiana, haben dieses Phänomen anhand der Kanadischen Goldrute untersucht. Diese Pflanze eignet sich perfekt: im Spätsommer ist sie eine der wichtigsten Nahrungsquellen für die Bienen und im Smithsonian Naturkundemuseum finden sich in den Herbarien Exemplare bis zum Jahr 1842.
Das Ergebnis ist alarmierend: Die Konzentration des Nährstoffgehalts im Pollen ist seit Beginn der industriellen Revolution um etwa ein Drittel gefallen. Setzt man den Proteingehalt der Pollen in direkte Abhängigkeit zur CO2-Konzentration, so kann man den Zusammenhand noch deutlicher erkennen (vgl. Abb. 1, obere Graphik). Je größer die CO2-Konzentration desto proteinärmer der Pollen. Bestätigt wird diese Erkenntnis durch einen Laborversuch, bei dem die Goldrute unter konstanten Bedingungen unterschiedlichen CO2-Gehältern ausgesetzt wurde. Die Ergebnisse der Pollenanalysen sind nahezu gleich (vgl. Abb. 2, obere Graphik). Klar ist nun auf jeden Fall, dass der CO2-Gehalt in der Luft den Proteingehalt im Pollen reduziert.

Abbildung 1: Berechneter Proteingehalt der Pollen und das Verhältnis Kohlenstoff : Stickstoff in Abhängigkeit zur CO2-Konzentration in der Atmosphäre.
Abbildung 1: Berechneter Proteingehalt der Pollen und das Verhältnis Kohlenstoff : Stickstoff in Abhängigkeit zur CO2-Konzentration in der Atmosphäre.
Abbildung 2: Berechneter Proteingehalt der Pollen und das Verhältnis Kohlenstoff : Stickstoff in Abhängigkeit zur CO2-Konzentration im Labor.
Abbildung 2: Berechneter Proteingehalt der Pollen und das Verhältnis Kohlenstoff : Stickstoff in Abhängigkeit zur CO2-Konzentration im Labor.

Zurück in die Schule!

Aber wie genau hängen CO2-Konzentration und Proteingehalt zusammen? Dafür müssen wir uns an den Biologieunterricht zurückerinnern. Hier haben wir erfahren: jede Pflanze betreibt Photosynthese. Dabei wandelt sie mithilfe von Lichtenergie Wasser und CO2 in Glucose und Sauerstoff um. Dieser Prozess ist für Pflanzen überlebenswichtig, da diese mittels Glucose Energie speichern.

Photosynthese ist, wie eben schon erwähnt, abhängig von CO2. Mit einem steigenden Angebot an CO2 erhöht sich also auch die Photosyntheserate und die Pflanze kann mehr Energie in Form von Glucose speichern. Das hört sich ja erst mal gut an.
Da die Pflanze nun aber vermehrt Photosynthese betreibt, wird auch entsprechend mehr Glucose produziert. Und das wiederum wirkt sich negativ auf die Proteinproduktion aus.

Proteine bestehen nämlich zu einem großen Teil aus Stickstoffatomen. Glucose wiederum besteht zu einem großen Teil aus Kohlenstoffatomen. Durch die erhöhte Glucoseproduktion steigt also der Kohlenstoffanteil in der Pflanzenzelle. Damit steigt auch das Verhältnis von Kohlenstoff zu Stickstoff. Pro Stickstoffteilchen in der Pflanzenzelle finden sich mit steigender CO2-Konzentration in der Atmosphäre also immer mehr Kohlenstoffatome (ebenfalls in der Zelle).
Außerdem kommt hinzu, dass die Pflanze durch die erhöhte Photosyntheserate weniger Wasser aus der Erde zieht und somit auch weniger Stickstoff aus dem Boden aufnimmt. Der eben beschriebene Effekt wird so also noch verstärkt (Vgl. Abb. 1 & 2, die untere Graphik).
Wenn aber im Verhältnis sehr viel mehr Kohlenstoff als Stickstoff vorhanden ist, können verhältnismäßig nur wenig Proteine produziert werden. Die Folge ist ein proteinarmer Pollen.

Fazit

Zusammenfassend kann man sagen: erhöht sich die CO2-Konzentration in der Atmosphäre, erhöht sich die Photosyntheserate der Pflanzen. Damit steigt der Glucosegehalt und somit der Kohlenstoffgehalt in der Zelle. Das Verhältnis Kohlenstoff : Stickstoff wird also größer. Als Folge können verhältnismäßig weniger Proteine produziert werde und der Pollen ist proteinärmer. Somit hat ein hoher CO2-Gehalt in der Luft einen ganz direkten Einfluss auf die Gesundheit unserer Bienen. Noch ein weiterer Grund, den CO2-Haushalt der Erde in den Griff zu kriegen!

Quellen:

https://bienen-nachrichten.de/2019/co2-reduziert-proteinanteil-im-pollen/163

https://royalsocietypublishing.org/doi/full/10.1098/rspb.2016.0414

https://www.imkerverein-gelsenkirchen.de/index.php/lebenslauf-einer-honigbiene.html

https://www.bienenjournal.de/glossar/bienenlarve/

https://bienenundmehr.ch/ueber-bienen/vom-ei-zur-biene/

http://www.bee-careful.com/de/initiative/junkfood-fuer-die-bienen-eine-unerwartete-gefahr-/

https://pixabay.com/de/

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ich bin Hannah Kullmann.

Hannah absolviert 2021/2022 bei proBiene ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ). Sie hat im Jahr 2021 ihr Abitur gemacht, ist naturwissenschaftlich sehr interessiert und sammelt leidenschaftlich gerne tote Insekten für Ihre Sammlung.

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