Sieht man dieses Wesen zum ersten Mal, kann man sich schon erschrecken: Mit seinen Fangarmen sieht der Bücherskorpion (Chelifer cancroides) trotz seiner geringen Größe zunächst gefährlich aus. Ob man vor ihm Angst haben muss und was er mit den Bienen zu tun hat, erfahrt ihr in diesem Artikel.
Giftig ja, gefährlich nein
Der Bücherskorpion gehört zur Ordnung der Pseudoskorpione. Wie der Name schon sagt, handelt es sich also nicht um ein „richtiges“ Skorpion, sondern um kleinere Vertreter der Spinnentiere ohne giftigen Stachel. Der Bücherskorpion muss trotzdem nicht auf Gift verzichten: Seine Scherenfinger sind mit Giftdrüsen bestückt. Sie können die Beute also packen und ihnen direkt darauf Gift injizieren. Anschließend wird das Opfer zum Mund geführt und ein Loch in die Körperwand gebissen. Durch dieses pumpt das Bücherskorpion Verdauungsflüssigkeit und saugt die Beute aus. Was den Beutefang angeht wird also nichts dem Zufall überlassen!
Auch wenn das jetzt sehr brutal klingen mag, wir Menschen können beruhigt sein. Mit seiner Köpergröße von 2,5mm bis 4,5mm kann uns das Tier nichts anhaben.
Ein wahrer Flirtkünstler
Nicht nur beim Beutefang stellen sich Bücherskorpione geschickt an. Auch bei der Partnersuche gehen sie auf Nummer sicher. Um Weibchen zu beeindrucken, führen Männchen einen Balztanz auf. Findet das Weibchen gefallen am Tanzstil des potenziellen Partners, beginnt Sie mit Ihm zusammen vor- und zurückzutanzen. Abschließend setzt das Männchen ein Samenpaket auf den Untergrund ab, ergreift das Weibchen und zieht es darüber. Die nun befruchteten Eier trägt das Weibchen mit sich herum und ernährt die Embryonen mit einer körpereigenen Nährlösung. Nach dem Schlupf durchläuft der Nachwuchs drei verschiedene Nymphenstadien, bis er sich zum fertigen Bücherskorpion entwickelt und eine eigene Familie gründen kann.
Appetit auf Varroa
Bücherskorpione leben am liebsten in engen, dunklen Spalten, zum Beispiel unter Rinden von toten Bäumen. Auch im Bienenstock sind die Bedingungen für sie sehr gut. Vor allem früher, als Bienen noch in Bäumen oder Beuten mit weniger glatten Wänden gewohnt haben, war der Bücherskorpion ein häufiger Untermieter. Vor einigen Jahren ist der Bücherskorpion aufgrund einer wichtigen Eigenschaft in den Fokus der Imker*innnen gerutscht: Milben gehören zur Nahrung der kleinen Tiere. Die Frage, ob der Bücherskorpion eine Lösung gegen Varroa darstellt, wir seither heiß diskutiert. Bedauerlicherweise gibt es noch keine aussagekräftige Datenlage zu dem Thema. Bewiesen wurde, dass Bücherskorpione in einem Bienenstock tatsächlich Varroamilben fressen, in wieweit sich das allerdings auf den gesamten Varroabestand im Volk auswirkt, konnte noch nicht eindeutig festgestellt werden.
Ein gutes Zeichen
Auch wenn noch nicht klar ist, inwiefern der Bücherskorpion die Varroamilbe bekämpft, können sich Imker*innen trotzdem freuen, wenn sie das kleine Spinnentier in ihrem Stock entdecken. Er gilt nämlich als sicherer Indikator für ein gutes Stockklima.
Fazit
Der Bücherskorpion ist ein äußerst vielschichtiges Tier. Er sieht nicht nur spannend aus, er weist auch ein interessantes Jagd- und Balzverhalten auf. Nicht zuletzt wegen seinem Appetit auf Milben war er in den letzten Jahren Gegenstand vieler hitziger Diskussionen. Aufgrund unzureichender Datenlage kann man allerdings nicht sagen, ob der Bücherskorpion nun einen Einfluss auf die Varroapopulation im Volk hat oder nicht. Und selbst wenn sich herausstellen würde, dass er kein geeignetes Mittel im Kampf gegen Varroa ist – wenn man weiß, wie brutal er die Milbe erlegt, kommt zurecht etwas Genugtuung auf.
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Pseudoskorpione
https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCcherskorpion
https://www.morgenpost.de/vermischtes/article208416475/Was-ist-eigentlich-ein-Buecherskorpion.html
https://www.bienenjournal.de/imkerpraxis/fachberichte/buecherskorpion/
https://www.mellifera.de/blog/mellifera-blog/buecherskorpion.html