Einen eigenen Ameisenstaat gründen 

Für die meisten Menschen sind Ameisen eher unspektakulär. Durch ihr Interesse an Süßem sind sie häufig sogar unerwünscht und werden bekämpft. Wenn man jedoch einmal die Vorurteile beiseitelegt, können Ameisen auch sehr interessant sein. Es lässt sich viel von ihrer Art des Zusammenlebens in einer großen Gemeinschaft lernen, die ziemlich kompliziert organisiert ist.

Mit einer eigenen Ameisenkolonie zu Hause lernt man diese einfallsreichen und starken Tiere ganz neu kennen. Im Folgenden möchte ich näher auf das Hobby der Ameisenhaltung eingehen, das in den letzten Jahren immer mehr Zuwachs findet. Ameisen zu halten ist sehr interessant und macht Spaß. Es nimmt aber auch viel Zeit in Anspruch und erfordert eine gewisse Verantwortung, die kleinen Tiere artgerecht zu pflegen. Ameisenhaltung ist ein günstiges, einfaches Hobby, wenn man sich nicht gerade sehr teure, exotische Arten kauft. Diese sind zudem noch sehr schwer zu halten und können gefährlich werden, wenn sie aus der Behausung entkommen. Keine gute Idee also.

Man hält die Ameisen in einem sogenannten Formicarium, bestehend aus Arena und Nest. Folgende Dinge sind vor dem Beginn mit der Ameisenhaltung wichtig zu wissen.

Stellplatz des Formicariums

Die Ameisen sollten auf keinen Fall dauerhaft der Sonne ausgesetzt sein, damit Nest und Arena nicht überhitzen. Auch ist ein Abstand zu elektrischen Geräten sinnvoll, um Störung der Ameisen durch Erschütterungen oder Strahlung zu vermeiden. Bedenken sollte man auch, dass Ameisenkolonien über die Jahre eine stattliche Größe erreichen können, Platz für zukünftige Erweiterungen sollte somit gegeben sein.

Temperatur und Befeuchtung des Nests

Bei einheimischen Arten genügt meist Zimmertemperatur für die Haltung. Von Ende Oktober bis Anfang März wird das Formicarium an einen kühlen Platz gestellt, damit die Ameisen ihre benötigte Winterruhe bekommen. Dafür eignet sich beispielsweise der Kühlschrank oder ein kühler Keller. Die Ameisen halten jedoch keinen Winterschlaf, sondern ruhen lediglich in einer Art Kältestarre. Bei exotischen Arten sollte man sich über die Bedingungen vor Ort informieren. Entsprechendes Zubehör zum Beheizen lässt sich über das Internet erwerben.

Die Nahrung

Ameisen sind Allesfresser, daher können alle möglichen Arten von Insekten angeboten werden. Durch Probieren merkt man schnell, was die eigene Kolonie bevorzugt. Zusätzlich bekommen die Ameisen Honigwasser, das man in kleinen Mengen zum Beispiel in einem Flaschendeckel anbieten kann. Für die Herstellung mischt man einfach Honig und Wasser in einem Verhältnis von 1:1. Oft hört man auch von Zuckerwasser, jedoch empfehle ich Honig, da dieser im Gegensatz zum Zucker noch Vitamine und Mineralien enthält. Insekten sind jedoch als Futter unerlässlich, da sie den Larven die für die Entwicklung benötigten Eiweiße liefern. Wer die Haltung noch naturgetreuer gestalten möchte, kann eine kleine mit Läusen befallene Pflanze in einen Topf setzen und diesen dann in das Formicarium stellen.

Der auf dem Foto gezeigten Ameisenkolonie der Art Camponotus nicobarensis wird in einem Flaschendeckel rohes Fleisch angeboten.

Das Nest

Die Ameisen können in verschiedenen Arten von Nestern gehalten werden.

Die wohl einfachste Möglichkeit ist das Erdnest, dabei wird das entsprechende Becken einfach gut mit Erde gefüllt, die Ameisen können sich dann an der Oberfläche bewegen, somit wäre keine getrennte Arena notwendig. Der Nachteil liegt dabei jedoch in der Beobachtung. Ein Einblick in das Nest ist nur schwer möglich.

Eine zweite Möglichkeit wäre ein Nest aus einem Ytong Stein. Dabei höhlt man die Kammern und Gänge im Stein selbst aus, das funktioniert zum Beispiel mit einem Schraubenzieher sehr gut. Zusätzlich wird eine Glas- oder Plexiglasscheibe aufgeklebt. Über einen Schlauch kann man das Nest an die Arena anschließen. Es lassen sich auch fertige Ameisennester im Internet erwerben.

Ein Reagenzglasnest ist ebenfalls eine einfache Möglichkeit die Ameisen, vor allem kleine Kolonien zu Beginn unterzubringen. Anleitungen finden dazu finden sich auch im Internet. Wenn man eine Ameisenkolonie kauft werden diese meist auch in einem Reagenzglas geliefert. Mit einem Wattestück wird ein Wassertank gebaut, das Reagenzglas wird vorne mit Watte verschlossen.

Das Foto zeigt eine Ameisenkolonie in einem Holznest, normalerweise ist dieses abgedunkelt, links oben wird gemeinschaftlich Futter zerteilt.

Wer keine Ameisen kaufen möchte, kann sich auch selbst eine Königin sammeln nach dem sogenannten Schwarmflug. Die Königin gründet dann eine Kolonie in einem Reagenzglasnest. Dazu wird die Königin für mehrere Wochen an einen ruhigen und dunklen Ort gelegt. Die meisten Arten dürfen während dieser Phase nicht gefüttert werden! Nähere Informationen dazu finden sich in diesem Artikel.

Die Arena

In der Arena können sich die Ameisen frei bewegen, Futter suchen und Abfälle aus dem Nest entsorgen. Als Arena wird ein einfacher Kasten verwendet, dieser kann aus Glas oder Plastik bestehen. Bei entsprechendem Ausbruchschutz kann die Arena auch nach oben geöffnet sein. Weitere Informationen dazu gibt es hier.

Das Foto zeigt die Arena mit Schlauchverbindung zum obigen Nest, über das nasse Moos bekommen die Ameisen ihr Wasser, der Flaschendeckel dient zum Füttern von Honigwasser.

Hinweis: Wenn man verhindern möchte, dass die Ameisen aus dem Nest in die Arena umziehen, sollte man darauf achten, dass man nicht zu viel Bodengrund einbringt. Bei zu flachem Untergrund können die Ameisen keine Gänge graben.

Für Anfänger empfehle ich es mit der einheimischen Art Lasius niger anzufangen, die schwarzgraue Wegameise dürfte jedem bekannt sein. In Vergleich zu größeren und weiteren einheimischen Arten wächst die Kolonie in einem guten Tempo. Große Ameisen haben eine deutlich längere Entwicklungszeit vom Ei bis zur fertigen Ameise, was vor allem am Anfang sehr langweilend sein kann, wenn man 2-3 Jahre warten muss, um eine langsam wachsende Kolonie zu haben.

Wenn man selbst eine Ameisenkönigin sammeln möchte, ist es wichtig zu wissen, dass nicht jede bei uns lebende Art gehalten werden darf. Die rote Waldameise beispielsweise steht unter Artenschutz, bitte informiert Euch vorab. Weitere allgemeine Informationen zur Ameisenhaltung und eine Liste mit Shops gibt es online.


So sieht es bei den Profis aus:

Anbei noch ein paar Impressionen meiner Ameisenkolonien aus der ganzen Welt. Jede meiner Kolonien habe ich von einer einzelnen Königin herangezogen.

Zu sehen ist hier meine Königin der australischen Bullenameise (Myrmecia pyriformis) mit den ersten drei Arbeiterinnen. Die Königin (oben mittig) erkennt man am größeren Thorax im Vergleich zu den Arbeiterinnen. Auch sichtbar sind mehrere Puppen sowie Eier. Das Foto wurde an einem heißen Tag aufgenommen, daher hatten die Tiere ihre Brut aus dem Nest ins freie gebracht, wo sich die Wärme nicht so sehr staute. Die Bullenameisen sind etwa 2,5cm groß, können sehr gut sehen, stechen und jagen ihre Beute aktiv.
Das Foto zeigt die Königin einer asiatischen Ameisenart (Camponotus singularis) in ihrem Gründungs-Reagenzglas, man sieht vier Larven in unterschiedlicher Größe. Zu diesem Zeitpunkt lag das Reagenzglas etwa zwei Monate dunkel. Ich habe zusätzlich die Innenwände mit Erde ausgekleidet, um es der Königin natürlicher zu gestalten und den Larven später beim Verpuppen zu helfen.
Die sogenannte 24-Stunden Ameise (Paraponera clavata) wird wie die Bullenameise etwa 2,5cm groß und stammt aus Französisch-Guyana, Südamerkia. Einheimische verwenden die Tiere für ein Ritual, bei dem sich junge Männer von hunderten in zwei Handschuhen befestigten Tieren stehen lassen und währenddessen tanzen. Das Tier auf dem Foto erlegt eine Schabe.
Das letzte Foto zeigt den Einblick von oben in das Futterbecken meiner ebenfalls aus Südamerika stammenden Blattschneiderameisen (Acromyrmex octospinosus). Sie zerlegen die angebotenen Löwenzahnblätter und füttern damit einen Pilz, auf dem die Tiere leben. Über mehrere Meter Rohre tragen die Ameisen die Blattstücke in das Pilzbecken. Sie ernähren sich von den Fruchtkörpern, die der Pilz ausbildet und vom Pflanzensaft.

Hallo,

ich bin Benedict Rastetter.

Benedikt hat nach seinem Abitur 2019 ein Freiwilliges ökologisches Jahr (FÖJ) bei proBiene absolviert. Ab Herbst möchte er Biologie studieren. Seine Leidenschaft sind Insekten und im speziellen Ameisen, die er auch als Kolonien hält und beobachtet.

Wir schwärmen für

Biene, Mensch, Natur.

Du auch? Werde Teil unserer Bewegung. Schließe dich tausenden Anderen an, abonniere unseren Newsletter und erfahre mehr über Bienen- und Artenschutz, ökologisches Imkern und unsere Bildung für nachhaltige Entwicklung.