Schon als Jäger und Sammler nutzten Menschen den Honig. Im alten Ägypten wurde er sogar den Pharaonen mit ins Grab gegeben. Milch und Honig galten einst als kostbares Gut, als Speise der Götter, Heil- und Nahrungsmittel. Zwar verdrängte Zucker den Honig als Süßungsmittel weitgehend, heute gilt er aber wieder als ein besonderes Produkt, dem auch Lebendigkeit innenwohnt.
Guter Honig ist lebendig
Honig erfährt im Bienenstock eine Wärme von maximal 35 °C. Das ist sinnvoll, denn bei 37 °C werden bereits Aromen zerstört, bei 42 °C gehen Enzyme verloren. Damit würde auch die „Lebendigkeit“ des Honigs vernichtet. Unter Lebendigkeit verstehen wir, dass ein guter Honig noch im Glas Aktivitäten besitzt. Durch die Weiterverarbeitung im Stock gelangen Enzyme, Eiweiße und Säuren in den Nektar oder Honigtau. Diese Stoffe verursachen Spaltungen der Mehrfachzucker, Umwandlungen von Molekülen des Frucht- und Traubenzuckers und es formen sich höherer Kohlenhydrate.
Die Vorgänge und Stoffe sind vielfältig und je nach Volk individuell stark ausgeprägt. Darum hat guter Honig nicht nur von Jahreszeit zu Jahreszeit, Standort zu Standort oder Jahr zu Jahr, sondern auch von Glas zu Glas in Geschmack, Aussehen und Zusammensetzung seine eigene Individualität. Honig ist also weit mehr als nur „Zucker“ und sollte es auch bleiben.
Honig als Industrieprodukt kommt dem Zucker nahe
Der in Deutschland verbrauchte Honig wird lediglich zu rund 20% im Land hergestellt, der Rest stammt aus dem Ausland (insbes. Ukraine, Argentinien und Mexiko). Was sich rechtlich „Honig“ nennen darf, unterscheidet sich in den meisten Fällen wesentlich vom ursprünglichen Honig in den Bienenwaben und kommt schon fast einem Industriezucker nahe. Die Ursprünglichkeit geht bereits durch die industrielle, auf maximalen Honigertrag getrimmte Bienenhaltung verloren, z.B. durch den Einsatz von Fremdwachsen als Honigspeicher und der Zerstörung der Nestharmonie. Nach der Ernte werden viele Importhonige auf 70 °C erhitzt, Honigverfälschungen kommen ebenfalls vor. Honig aus verschiedenen Ländern kann gemischt werden, um so ein stets gleichbleibendes Produkt für das Supermarktregal zu gewährleisten.
Demut und Wertschätzung
Honig hat in unseren Augen eine andere Wertschätzung verdient. Für 200g Honig fliegen die Bienen ca. 800.000 Blüten an, um Nektar zu sammeln. Anschließend sind viele tausende Bienen mit der Umwandlung des Nektars zu Honig beschäftigt.
Ein guter Honig zeichnet sich aus durch:
- Freiheit von Rückständen aus synthetischen Stoffen (chemische/synthetische Medikamente)
- die Meidung von Fremdwachs
- den sorgsamen Umgang mit den Bienen
- eine handwerkliche Ernte und Abfüllung ohne Erwärmen, Filtern und Mischen
- ausgewählte Standorte der Bienenvölker
- natürlichen Stoffe der Bienenbehausung
Gesellschaftlichen Ansprüchen gerecht werden
Die Erwartungen der Verbraucher verändern sich derzeit gravierend: Die ethischen Ansprüche an den Tierhalter sind gewachsen und liegen über aktuellen Standards in der Landwirtschaft und der Imkerei. Auch wird eine sehr viel höhere Qualität erwartet. Hier bietet insbesondere die biologisch-dynamische Imkerei eine Chance. Kunden wissen – bzw. ihnen kann vermittelt werden –, dass diese Imker ihre Bienen wesensgemäß halten und qualitativ hochwertigen Honig erzeugen.
Ein ehrlicher Preis ermöglicht gute Arbeit
Damit die biodynamische Bienenhaltung im Markt ankommt und nicht nur verborgene Liebhaberei bleibt, müssen ganz neue Wege in der Vermarktung und Preisgestaltung gefunden werden. Der aktuelle Honigpreis ist eine große Hürde: Imkerei wird vielfach als Hobby betrieben und der Bienenhonig unter den Erzeugerkosten verkauft. Diese Preisverehrung führt oft zu Druck auf Mensch und Biene. Doch nur ein angemessener Honigpreis ermöglicht eine nachhaltige Imkerei, in der das ökologische, soziale und ökonomische im Gleichgewicht stehen. Meine Erfahrung zeigt, dass es vielen Kunden durchaus ein großes Anliegen ist, für gute Arbeit einen ehrlichen Preis zu bezahlen. Die Beziehung zwischen Erzeuger und Konsumenten ist die Grundlage, um die Wertigkeit eines guten Honigs aufzuzeigen.