Varroaforschung von Ramsey – Teil 2/3 

Futter vom Fettkörper

Nach der Erkenntnis, dass Varroa wahrscheinlich nicht die Hämolymphe der Bienen saugt, stellte sich nun für den Doktoranten Samuel Ramsey die Frage, was sie stattdessen tut. Schließlich ist nun nicht mal klar, ob die Milbe überhaupt an der Biene frisst. Es könnte sich nämlich auch um die sogenannte „Phoretische Phase“ handeln. Das wäre eine Phase im Leben der Milbe, in der sie andere Organismen als Transportmittel verwendet, um von einem Ort zum anderen zu kommen.

Nur ein Taxi?

Im Falle der Varroa würde das bedeuten, dass sie sich nur an der Biene festhalten, nicht aber von ihr fressen würde. Um also herauszufinden, was genau die Varroa auf der Biene macht, muss man einen Blick auf den Ort werfen, wo sich die Milbe am liebsten aufhält, also unter die Panzerplatten der Biene. Da Bienen sich nicht gerne zwischen die Platten schauen lassen, wurden befallene Individuen von Ramsey schockgefrostet. Anschließend konnte er vorsichtig sowohl eine Platte als auch die Milbe entfernen.

Das, was sich unter der Platte bzw. Milbe befand, ist auch als Laie leicht zuzuordnen (Vgl. Abb. 1). Auf Bild c sieht man den Abdruck der Varroa auf dem Bienenkörper. Auffällig sind hierbei die Klauen (markiert mit weißen Pfeilen), die beim Entfernen der Varroa in der Biene stecken geblieben sein müssen. Beim schwarzen Pfeil auf Bild c ist ein Loch zu sehen. Dieses befindet sich genau dort, wo man den Milbenmund erwarten würde. Vergleicht man die Form des Loches mit der Form der Fresswerkzeuge der Milbe, so kann man feststellen, dass sie exakt dieselbe Form haben (vgl. Bild d & f). Damit ist nur leider noch nichts klar. Es könnte nämlich auch sein, dass die Milbe sich einfach sehr eng an die Biene schmiegt und nicht frisst. Es wurde für Ramsey nun Zeit, einen Blick in das Innere der Bienen und Milben zu werfen.

Abb. 1: Varroa hinterlässt Spuren auf der Biene (Ramsey, 2019)
Abb. 1: Varroa hinterlässt Spuren auf der Biene (Ramsey, 2019)

Der Blick in Innere

Hierfür wurde ebenfalls eine befallene Biene schockgefrostet. Diesmal wurde sie allerdings in eine dünne Scheibe geschnitten und unter ein Mikroskop gelegt. So kann man sowohl den Inhalt der Biene als auch den der Milbe betrachten (vgl. Abb. 2).  

Abb. 2: Querschnitt von befallener Biene mit Fettkörper (Ramsey, 2019)
Abb. 2: Querschnitt von befallener Biene (Ramsey, 2019)

Auf diesem Bild kann der Laie schon weniger erkennen. Der mit „V“ gekennzeichnete Organismus ist die Varroa. „Te“ und „St“ sind jeweils eine Panzerplatte.
Was hier auffällt, ist, dass der Biene an der Stelle, an der die Milbe sitzt, Gewebe fehlt (der weiße Raum zwischen „FB“ und „Mu“). Außerdem konnte Ramsey feststellen, dass mehr Gewebe fehlt, je länger die Milbe auf der Biene saß. Zusätzlich konnte er erkennen, dass sich Zellinhalte in der Biene aber außerhalb von Bienenzellen befanden. Normalerweise kommt das natürlich nicht vor. Dieses Phänomen findet man sonst aber bei der extraintestinalen Verdauung. Eine nähere Betrachtung des Bildes zeigt auch, dass sich Bakterienkolonien im Bienenkörper befinden. Erstaunlich ist dabei, dass diese nicht vom Immunsystem der Biene bekämpft werden.So weit, so gut.

Um nun aber herauszufinden, was genau die Milbe da frisst, machte Ramsey ein weiteres Bild vom Inhalt der Biene sowie vom Inhalt der Milbe (vgl. Abb. 3).

Abb. 3: Querschnitt von Biene und Varroa mit Fettkörper (Ramsey, 2019)
Abb. 3: Querschnitt von Biene und Varroa (Ramsey, 2019)

Hier kann man deutlich die Ähnlichkeit des Milbeninhalts mit dem Bieneninhalt erkennen. Und das Gewebe, um das es sich hier handelt, ist der Fettkörper.

Fettkörper – Mehr als nur Körperfett

Der Fettkörper übernimmt als größtes Organ der Biene verschiedenste Funktionen. Darunter zählt zum Beispiel das Immunsystem sowie die Regulation von Wachstum und Metamorphose. Außerdem ist er für die Energie- und Nährstoffmobilisierung und die Pestizidentgiftung zuständig. Hinzu kommt die Regulation des Wasser- und Temperaturhaushalts der Biene sowie die Synthese von Proteinen und Fetten. Auch Stoffwechselaktivitäten und die Eierbildung zählt zu den Aufgaben des Fettkörpers.
Und plötzlich ergeben die Symptome, die unsere Bienen bei Varroabefall zeigen, Sinn. Dass die Bienen anfälliger für Krankheiten sind sowie die unbekämpften Bakterien von Abb. 2 lassen sich mit dem gestörten Immunsystem erklären, welches mit einer Zerstörung des Fettkörpers einhergeht. Auch die erhöhte Wintersterblichkeit lässt sich mit einer defekten Thermoregulation begründen.

Auf diesen Erkenntnissen beruhend stellte Ramsey die Hypothese auf, dass siech die Varroa vom Fettkörper der Bienen ernährt. Diese These prüfte er im weiteren Verlauf seiner Doktorarbeit.

Hier geht es zu Teil 1 des Beitrags.

Hier geht es zu Teil 3 des Beitrags.

Quelle:

https://www.pnas.org/content/116/5/1792

Hallo,

ich bin Hannah Kullmann.

Hannah absolviert 2021/2022 bei proBiene ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ). Sie hat im Jahr 2021 ihr Abitur gemacht, ist naturwissenschaftlich sehr interessiert und sammelt leidenschaftlich gerne tote Insekten für Ihre Sammlung.

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