CDU-Landwirtschaftsminister erteilt Sondergenehmigung für Bienenkiller

Die Biene ist systemrelevant? Offenbar nicht in Baden-Württemberg. Die grün-schwarze Landesregierung hat per Ausnahmegenehmigung ein Ackergift aus der bienengefährlichsten Machart der Neonicotinoide zugelassen.

Als Ministerpräsident Winfried Kretschmann in der vergangenen Woche die Wahlkampfplakate seiner Grünen zur Landtagswahl am 14. März in Stuttgart vorstellte, war ein besonders idyllisches dabei: Auf diesem fliegen Bienen über Blüten, daneben steht sinngemäß, dass diese Bienen unser Reichtum seien. Und dass die Grünen diesen Reichtum natürlich schützen. Nun, was Kretschmann nicht dazu sagte: Der Landwirtschaftsminister seiner Regierung, der CDU-Mann Peter Hauk, sieht diese Bienen offenbar nicht als Reichtum – und hat einem Bienenkiller-Präparat der Agrarindustrie nun per Sondergenehmigung den Weg auf badische Äcker geebnet.

Dabei geht es um einen Wirkstoff aus der Gruppe der Neonicotinoiode. Das sind chemische Pestizide, die besonders wirksam sind – allerdings auf kleine Insekten wie Bienen wie eine Art Nervengift wirken. In der Europäischen Union sind sie eigentlich mittlerweile verboten, auch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) versprach immer wieder, diese Stoffgruppe zu bekämpfen. Es gibt in diesen Regeln allerdings eine Ausnahme: Wenn es für die Rettung einer Ernte unerlässlich ist, dürfen die Bundesländer einzelne Stoffe aus dieser Gruppe zulassen. Landwirte müssen das jeweils beantragen, die Einschätzung, ob der Schritt nun unerlässlich ist oder nicht, wird allerdings in einem intransparenten Verfahren zwischen Landwirten und Ministerium entschieden.

Und so bekam die Südzucker AG nun offenbar durch, vom 1. Januar bis 30. Juni auf 12.000 Hektar Ackerland Zuckerrüben-Saatgut verwenden zu dürfen, das vor der Aussatz mit einem Neonicotinoid behandelt wurde. In den Beipackzetteln des Mittels wird ausdrücklich auf die Bienengefährlichkeit hingewiesen. „Kann Bienen töten“, steht dort. Tatsächlich gelten für Landwirte strenge Regeln, wie das Saatgut zu lagern und einzusetzen ist. Und dennoch: Zum einen kontrolliert die Einhaltung dieser Regeln erfahrungsgemäß niemand. Und zum anderen ist wissenschaftlich nicht belegt, dass das Saatgut bei regelkonformer Anwendung keine Insekten tötet.

Im Gegenteil: Neonicotinoide können bereits in sehr kleinen Mengen Insekten töten oder ihr Nervensystem schädigen. In Pflanzen wirken sie systemisch. Das bedeutet, dass sie von einer Pflanze aufgenommen werden können und sich dann in allen Pflanzenteilen wiederfinden: In den Wurzeln, Blättern, Blüten sowie im Pollen und Nektar und schließlich auch im Wasser, das Pflanzen über ihre Blätter abgeben (Guttationswasser). Alle Tiere, die Blätter der behandelten Pflanze fressen, deren Nektar trinken oder Pollen sammeln, kommen also mit dem Gift in Kontakt. Als etwa vor zwölf Jahren im Rheintal auf einen Schlag mehr als 11.000 Bienenvölker starben, lag das an Ackergiften aus dieser Wirkstoffgruppe.

Vor einem halben Jahr rühmten sich Grün und Schwarz im Ländle damit, auf Druck des von proBiene angestoßenen Volksbegehrens Artenschutz – „Rettet die Bienen“ Deutschlands ambitioniertestes Artenschutzgesetz auf den Weg gebracht zu haben. Das sieht unter anderem vor, die Menge der Pestizide bis 2030 zu halbieren. Neben dem grün geführten Umweltministerium bekannten sich auch das Landwirtschaftsministerium und die Bauernverbände dazu. Was damit nicht gemeint war: Weniger Pestizide einzusetzen, dafür aber gefährlichere. Wer das dennoch macht, verdreht den Sinn des Gesetzes in sein Gegenteil. Immerhin kann man der grün-schwarzen Regierung recht bald mitteilen, was man davon hält: Am 14. März sind Landtagswahlen.

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Sehr geehrter Herr Minister Hauk,

ich habe Ihnen vertraut – und fühle mich nun hintergangen. Als Sie sich Anfang vergangenen Jahres dafür aussprachen, statt eines Volksbegehrens zum Bienenschutz in Baden-Württemberg einen Dialogprozess mit allen Bauernverbänden durchzuführen, hielt ich das für eine gute Idee. Ich dachte: Bienen im Konsens mit Bauern zu schützen, das hilft Bienen und Bauern. Ich hielt die vorzeitige Einstellung des Volksbegehrens für richtig, weil ich Ihnen und Ihren Versprechen zum Artenschutz geglaubt habe.

Wenn Sie nun Hintertürchen der Gesetze nutzen, um versteckt von der Öffentlichkeit gefährliche Ackergifte in Baden-Württemberg zuzulassen, dann fühle ich mich getäuscht. Und nicht nur das Vertrauen in die Demokratie leidet – sondern auch unsere Artenvielfalt. Im Schatten der Corona-Pandemie werden immer mehr Studien veröffentlicht, die zeigen: Mit Blick auf die Artenvielfalt ist es nicht fünf vor sondern fünf nach zwölf. Alles was Inseketen und Arten schadet, muss vom Acker – in aller erster Linie Wirkstoffe der Neonicotinoide. Die vielen tollen Biohöfe im Land zeigen doch längst, dass es auch den Landwirtschaftsbetrieben, die diese Stoffe nicht nutzen, am Ende besser geht und moderne Landwirtschaft keine Gifte braucht. Deswegen appellieren wir an Sie: Ziehen Sie die Sondergenehmigung für mit Neonicotinoiden gebeiztes Saatgut von Zuckerrüben zurück.

Mit freundlichen Grüßen,

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ich bin Tobias Miltenberger.

Tobias Miltenberger hat Landwirtschaft studiert, ist Imker und Geschäftsführer von proBiene. Seit er Ende der 90er Jahre in einem Entwicklungsprojekt in Südamerika auf die Bienen gestoßen ist, lassen sie ihn nicht mehr los. Tobias lebt mit seiner Familie in Stuttgart.

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